Selbstverständnis der Kirche

Das Wort Kirche – etymologisch
Der Begriff „Kirche“ kommt aus der griechischen Sprache. „Kyr(a)ké“ <oikía> bedeutet soviel wie „das dem Herrn gehörende Haus“. Der Begriff wird im Neuen Testament allerdings an keiner Stelle verwendet. Dort wird vielmehr von der Gemeinde Jesu als „Versammlung“ (griechisch ekklesía) gesprochen. Von diesem Begriff leitet sich wiederum der Begriff der Ekklesiologie ab, was soviel bedeutet wie die „Lehre von der Kirche“, also eine Teildisziplin der Theologie ist.

Kirche – verfasste Institution und Grundsakrament
Kirche ist zum einen „sichtbare Gemeinschaft der an Christus Glaubenden unter der Leitung des Papstes“ (Auer, aaO, S. 235). Als sichtbare Gemeinschaft ist Kirche institutionell verfasst, das heißt, das sie Strukturen (hierarchische Leitungsstruktur, Dogmen als Lehre der Kirche) aufweist. In Deutschland ist die katholische und die evangelische Kirche zugleich eine „Körperschaft des öffentlichen Rechts“. Die Kirchenmitgliedschaft erfolgt durch die Taufe. Kirchenaustritt bedeutet, dass man sich aus der verfassten Kirche löst.
Auf der anderen Seite ist Kirche aber auch „Mysterium“, also Geheimnis und somit ein in Jesus Christus gründedes Sakrament, also Zeichen und Werkzeug des Wirkens des Heiligen Geistes ist. Die Kirche beansprucht so, dass in ihr der Geist Jesu Christi weiterwirkt in der Geschichte. Zuweilen wird Kirche auch als der „geheimnisvoll (mystisch) auf Erden fortwirkende Christus“ (Auer, aaO, S. 235) bezeichnet.
Der Anspruch der Kirche ist es, dass sie in ihrer vorläufigen, zuweilen auch schuldig gewordenen irdischen Verfasstheit dennoch am Heilsgeschehen, das durch Jesus Christus offenbar wurde, mitwirkt und somit selbst „Wirklichkeit des Glaubens“ (Kasper, aaO, S. 257) wird (vgl. hierzu den Satz des Glaubensbekenntnisses: „Ich glaube an die eine, heilige, katholische und apostolische Kirche“).
Kirche ist also nur von Jesus Christus her zu verstehen. Er ist Grund und Quelle der Kirche. Ohne die Verfasstheit und Institution Kirche wäre allerdings die Erinnerung an Jesus Christus gewiss schon längst verblasst. So hat Kirche über die Jahrtausende hinweg immer wieder neu die Botschaft und die Person Jesu Christi in neue Verstehenszusammenhänge „übersetzt“.

Die Gründung der Kirche durch Jesus Christus
Im zweiten Vatikanischen Konzil wird zur Frage der Kirchengründung erklärt: „Denn der Herr Jesus machte den Anfang der Kirche, indem er die frohe Botschaft verkündete, die Ankunft nämlich des Reiches Gottes, das von alters her in den Schriften verheißen war“. Die ursprünglich als „Gründungsakte“ der Kirche angesehene Stelle im Matthäusevangelium (Mt 16,18 Ich aber sage dir: Du bist Petrus, und auf diesen Felsen werde ich meine Kirche bauen, und die Mächte der Unterwelt werden sie nicht überwältigen.) wird mittlerweile als nachösterliche Gemeindebildung gesehen. Somit kann kein formeller „Gründungsakt“ oder eine entsprechende Stiftungsurkunde vorgewiesen werden.
Vielmehr spricht man heute von einer „gestuften Kirchengründung“. Damit will man sagen, dass die Gründung der Kirche durchaus im Interesse Jesu lag und quasi über mehrere Situationen hinweg vorbereitet wurde. Vermutlich lag Jesus selbst allerdings nicht unmittelbar an der Gründung einer Organisation in seinem Namen, weil wohl Jesus selbst als auch seine Apostel in einer unmittelbaren Parusie-Erwartung lebten (d. h. dass sie schon mit einer sehr baldigen Wiederkunft Jesu und damit endgültigen Errichtung des Reiches Gottes gerechnet haben; Parusie heißt Wiederkunft Christi).
Quasi grundgelegt wurde die Gründung der Kirche schon im Alten Testament, wo Israel zum „Volk Jahwes“ durch einen Bundesschluss wurde. Jesus will dann durch seine Botschaft vom Reich Gottes, die an alle Menschen gerichtet ist, die schon im AT angedeutete „endzeitliche Sammlungsbewegung“ vollziehen. Zugleich knüpft er ganz bewusst an das Volk Israel an, wenn er in der Tradition der 12 Stämme Israels 12 Apostel in seine unmittelbare Jüngerschaft beruft. Die besondere Stellung Petri lässt sich ebenfalls in der Tradition Jesu verstehen. Wenngleich – wie oben angemerkt – die klassische Stelle Mt 16,18 nicht als klassischer Beleg hierfür angeführt werden kann, so wird durch in allen Evangelien deutlich, dass Petrus sich in besonderer Weise aus dem Kreis der Apostel hervorgetan hat. Jesus hat diese Sonderstellung durchaus unterstützt und gefördert. So ist auch die Stelle im Johannesevangelium (Joh 21,15-17) zu verstehen, wo Jesus Petrus auffordert: „Weide meine Lämmer, weide meine Schafe“. Den anderen Apostel, die ebenfalls eine besondere Beauftragung erhalten, sagt Jesus, sie sollten nicht wie Herrscher, sondern als Brüder den Mitmenschen begegnen (vgl. Mt 20, 26-28 und Mt 23, 10f: Der Größte von euch soll euer Diener sein...). Damit lässt sich allerdings eine exklusive Amtsvollmacht der Apostel noch nicht begründen.
Eine weitere Stufe in der Kirchengründung sind die Sündermahlzeiten als Heilszeichen für das Reich Gottes und insbesondere das sogenannte „Letzte Abendmahl“. Kreuz und Auferstehung Jesu sind für die Gründung der Kirche zentral. Mit dem Tod Jesu wird der „Neue Bund“ zwischen Gott und den Menschen geschlossen. Im Blut und Wasser, die aus der Seite Christi bei der Kreuzigung flossen sahen die Kirchenväter die Begründung von Taufe und Eucharistie als die wohl wichtigsten Sakramente der Kirche. Die Kirchenväter formulierten gar, dass die Kirche aus der Seitenwunde Jesu entstanden sein solle. Die Auferstehung, die immer zusammen mit der Kreuzigung und dem Tod Jesu zu verstehen ist, hat die nach der Katastrophe der Kreuzigung sich zerstreuende Bewegung um Jesus wieder neu gesammelt und zusammengeführt. Der Auferstandene hat schließlich den Missionsauftrag an die Jünger gegeben und somit zur Ausbreitung des Christentums aufgefordert (vgl. Mt. 28, 19-20).
Als eigentliches „Gründungsdatum oder Gründungsfest der Kirche wird Pfingsten (der 50. Tag nach der Auferstehung) gefeiert. An Pfingsten erfolgt die Sendung des Heiligen Geistes und damit die immerwährende Be-Geisterung derer, die an Jesus Christus glauben. Der Heilige Geist gilt als „Lebensprinzip der Kirche“.
Im Zusammenhang mit der „gestuften Kirchengründung“ wird die unmittelbare Bezogenheit auf Jesus Christus deutlich. Ebenso klar ist allerdings, dass die Kirche nicht einfach die irdische Realisierung dessen ist, was mit Reich Gottes von Jesus verkündigt wurde. Die Kirche bleibt eine weltliche und damit vorläufige Größe, die allerdings in besonderer Weise Anteil an der Verkündigung des Reiches Gottes hat und somit vielleicht „Keim und Anfang des Reiches Gottes auf Erden“ ist, wie es das II. Vatikanische Konzil zum Ausdruck brachte (Lumen Gentium 5 [1] ). Dort heißt es auch: „Das Geheimnis der heiligen Kirche wird in ihrer Gründung offenbar. Denn der Herr Jesus machte den Anfang seiner Kirche, indem er frohe Botschaft verkündigte, die Ankunft nämlich des Reiches Gottes, das von alters her in den Schriften verheißen war“. Der bekannte Ausspruch des französischen Theologen Alfred Loisy: „Jesus verkündigte das Reich Gottes, was gekommen ist, ist die Kirche“ (Alfred Loisy, Evangelium und Kirche, München 1904, S. 116) kann also in zweierlei Hinsicht interpretiert werden. Kirchenkritiker sehen darin einen Widerspruch, dass also die Kirche gerade nicht das von Jesus verkündigte Reich Gottes ist. Loisy selbst allerdings hat die Aussage wohl eher so verstanden, dass die Kirche, wie er an anderer Stelle sagt eine „organische Entfaltung des mit Jesus gesetzten Anfangs“ darstellt. Karl Lehmann, der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz hat die Kirche einmal als „in der irdischen Zeit so etwas wie die geschichtliche Verwirklichungsform des Reiches Gottes“ bezeichnet. Für ihn ist die Zeit zwischen dem Kommen Jesu und dem endgültigen Anbruch des Reiches Gottes nicht einfach leer, sondern hat als die Zeit der Kirche durchaus eine „heilgeschichtlichen Sinn“.

Kirche als Sakrament und die Sakramente der Kirche
Sakramente sind als „sichtbare und wirksame Zeichen der Nähe Gottes und des Heils“ zu verstehen. Sie haben also immer vermittelnden Charakter, d. h. dass sie die Nähe Gottes, den Segen Gottes, die Begleitung der Menschen durch Gott zum Ausdruck bringen wollen. Dies geschieht im Wort und im sakramentalen Zeichen (vgl. etwa bei der Taufe: Ich taufe dich im Namen des Vaters...., Wasser als Zeichen der Reinigung, Chrisam als Zeichen der Salbung und damit Erwählung...). Die klassische Sakramententheologie sieht in Jesus Christus selbst das Ursakrament. In ihm ist die Gnade Gottes in ihrer ganzen Fülle sichtbar geworden und erschienen. Von ihm gehen alle weiteren Sakramente als Entfaltungen und Konkretisierungen aus. Die Kirche wird in diesem Zusammenhang häufig als Grundsakrament (die Begrifflichkeit geht wohl auf Karl Rahner zurück; andere Theologen haben die Kirche zuweilen auch als „Wurzelsakrament“ bezeichnet) bezeichnet. Diese sakramentale Grundstruktur wird auch im II. Vatikanischen Konzil und dessen Beschlüssen vertreten. Als „Dienerin Jesu Christi“ und als „Verwalterin von Gottes Geheimnissen“ kann die Kirche Sakramente nicht selbst einsetzen. Die Einsetzung derselben wird auf Jesus Christus zurückgeführt. Dabei lassen sich für die Sakramente keine eigentlichen Stiftungsworte Jesu feststellen. Vielmehr liegen die sieben Sakramente der Kirche in der Intention Jesu, der nicht nur die Sakramente eingesetzt hat, sondern nach katholischem Verständnis auch als deren Spender gilt. Somit werden Sakramente recht verstanden zu Formen einer ausgesprochenen Christusbegegnung. Gleichzeitig bedeuten die Sakramente Anteil an Amt und Sendung Jesu Christi. Damit ist gemeint, dass diejenigen, die die Sakramente empfangen, sowohl das Geschenk der Gnade und Nähe Gottes erfahren, als auch die Teilhabe an Jesu Amt und Sendung und somit für die Sache Jesu in Dienst genommen werden.
In der Sprache des II. Vatikanischen Konzils heißt es zu den Sakramenten der Kirche: „Durch die Taufe der Kirche eingegliedert, werden die Gläubigen durch das Prägemal zur christlichen Gottesverehrung bestellt... Durch das Sakrament der Firmung werden sie vollkommener der Kirche verbunden und mit einer besonderen Kraft des Heiligen Geistes ausgestattet. So sind sie in strengerer Weise verpflichtet, den Glauben als wahre Zeugen Christi in Wort und Tat zugleich zu verbreiten und zu verteidigen. ...Durch die heilige Krankensalbung und das Gebet der Priester empfiehlt die ganze Kirche die Kranken dem leidenden und verherrlichten Herrn, dass er sie aufrichte und rette... Wer sodann unter den Gläubigen die heilige Weihe (Anmerkung: gemeint ist die Priesterweihe) empfängt, wird im Namen Christi dazu bestellt, die Kirche durch das Wort und die Gnade Gottes zu weiden. ...“ (Lumen Gentium 11 in Auszügen). Deutlich wird dabei immer die erfahrene Gnade durch das Sakrament und damit einhergehend die erwartete Verpflichtung der Gläubigen, selbst zum Aufbau des Reiches Gottes und zum Zeugnis bereit zu sein.

Kirchenbilder des II. Vaticanum: Volk Gottes und Leib Christi

Kirche als Leib Christi
Das Bild von der Kirche als „Leib Christi“ geht auf Paulus zurück, der diese Vorstellung mehrmals thematisiert. So geht er im Römerbrief (Röm 12, 4-9) darauf ein, wie verschiedene Gaben (Charismen [2] ) als Glieder des einen Leibes in Christus zusammenwirken und sich gegenseitig ergänzen und zueinander gehören. Im Korintherbrief (Kor 12, 12-31a) beschreibt er noch eingängiger darauf wie die verschiedenen Glieder miteinander den Leib Christi auferbauen. So verstanden ist Kirche ein durchaus dynamischer Organismus, in dem alle Glieder gleichberechtigt zu einer Einheit verbunden sind. Jedes einzelne Glied trägt zum Ganzen bei, umgekehrt ist der ganze Leib Christi auch auf die einzelnen Glieder und deren Wohlergehen angewiesen. Das Haupt ist Jesus Christus, die Glieder sind alle mit ihren unterschiedlichen Begabungen oder "Charismen" (Apostel, Propheten, Lehrer und alle anderen Träger von Charismen). Die Vorstellung von der Kirche als dem "Leib Christi" greift also die charismatische Struktur der Urgemeinde auf, die von den Begabungen der Gläubigen lebt. Eine Ämterstruktur hat sich erst im Laufe der Zeit entwickelt. Diese, so darf allerdings festgestellt werden, lässt sich durchaus auch im Sinne Jesu verstehen.  Auf das Kirchenbild übertragen bedeutet die Vorstellung vom Leib Christi, dass Jesus Christus als Haupt und Herr der Kirche in der Kirche als dem Leib Christi weiterlebt. Die Kirche ist so „die Gemeinschaft derer, die das Wort Gottes hören und es in der Welt bezeugen“ (Kasper, aaO, S. 276). Das Bild vom Leib Christi will zugleich die unmittelbare Verbindung der Kirche als Leib zum Haupt Jesus Christus verdeutlichen.
Nach Aussage von Lumen Gentium (LG 7) geht das Bild vom Leib Christi noch weiter. Dort nämlich heißt es: „Beim Brechen des eucharistischen Brotes erhalten wir wirklich Anteil am Leib des Herrn und werden zur Gemeinschaft mit ihm und untereinander erhoben.“ So wird also der Gottesdienst in der Hochform der Eucharistiefeier geradezu grundlegendes Element dessen, dass Kirche und die Gläubigen der Kirche zum Leib Christi werden.

Kirche als Volk Gottes [3]
Die Bezeichnung der Kirche als „Volk Gottes“ bedeutet, dass die Kirche eine ganz besondere Beziehung zu Gott hat. Grundgelegt ist dieses Bild von der Kirche im Alten Testament, wo das Volk Israel als das auserwählte Volk Jahwes oder Volk Gottes verstanden wird. Begründet wird dieses Verständnis von einem Volk durch den Bund, den Gott mit den Menschen schließt und der von wechselseitiger Treueverpflichtung geprägt ist.
Im Neuen Testament wird dieser Begriff universal geweitet. Volk Gottes ist nicht mehr nur das auserwählte Volk Israel, sondern auf alle Menschen bezogen, die an Jesus Christus glauben. So ist das neue Volk Gottes von Beginn an auch für Nichtjuden offen. In diesem Sinn wird der Begriff „katholisch“ verstanden, was wörtlich übersetzt allgemein, die ganze Welt betreffend, bedeutet (neutestamentliche Bezüge für die Vorstellung vom "Volk Gottes" finden sich z. B. in 1 Petr 2,10 und 2 Kor 6,16).
Das II. Vatikanische Konzil (1962 bis 1965) sieht im Bild vom „Volk Gottes“ eine zentrale Aussage zum Verständnis der Kirche. Der Begriff wurde geradezu zu einem Schlüsselbegriff des Kirchenverständnisses des II. Vatikanischen Konzils. Mit dem Begriff des Volkes wird dem Verständnis eines individualistischen Glaubensverständnisses entgegen gewirkt. Gnade und Nähe Gottes ist somit nicht primär auf den einzelnen Gläubigen, sondern vielmehr auf die Gemeinschaft der Glaubenden gerichtet. Kirche als Volk Gottes sind alle. Menschen gehören zu diesem Volk Gottes durch Taufe und ihren Glauben und bringen sich in diesem Volk als Einzelne für die Gemeinschaft ein und übernehmen Verantwortung für das Gemeinwesen. Gleichzeitig ist dieses Volk immer auf Gott ausgerichtet. Die Versammlungen des Volkes Gottes, der Kirche und der konkreten Gemeinde geschehen, um auf das Wort Gottes zu hören und dieses für das Leben fruchtbar und wirksam zu machen. So deutet der Begriff Volk Gottes sowohl auf den in Gott gegründeten Ursprung des Volkes hin als auch auf die Abhängigkeit der Kirche von Gott. Die Zugehörigkeit zum Volk Gottes soll letztlich auch von der Bindung an irdische oder auch nationale Zugehörigkeit lösen. Volk Gottes ist somit quasi eine weltweite Gemeinschaft derer, die an Gott und Jesus Christus glauben. In diesem Volk Gottes gilt eine grundsätzliche Gleichrangigkeit der Mitglieder, weil alle durch die Taufe zur „königlichen Priesterschaft“ (1 Petr 2, 9) gehören und somit Anteil am „allgemeinen Priestertum“ haben. Dieses Verständnis bedeutet also eine geradezu geschwisterliche Vorstellung von Kirche. Das griechische Wort für Volk lautet übrigens „laos“, von dem der Begriff des Laien abstammt. So gesehen gehören alle, Amtsträger und „Laien“, die nicht ein besonderes Weiheamt inne haben zum Volk Gottes. Eine „Zwei-Stände-Lehre“, wie sie lange Zeit in der Kirche vertreten wurde, wird mit der Idee des Volkes Gottes weitgehend überwunden. 
Häufig wird der Begriff der Kirche als Volk Gottes noch ergänzt mit dem Adjektiv des „wandernden“ oder „pilgernden“ Volk Gottes. Damit ist wiederum – in Anlehnung an den Exodus und die Wüstenwanderung der Israeliten unter Führung des Mose (geschildert im Buch Exodus) – die Vorläufigkeit, die Geschichtlichkeit und damit Wandelbarkeit und die Ausrichtung auf ein Ziel der Kirche gemeint. Man spricht in diesem Zusammenhang auch von einem "dynamisch-evolutiven" Kirchenverständnis. Das bedeutet, dass Kirche nicht einfach statisch, beharrend bleibt, sondern dynamisch, d. h. in Bewegung, vom Heiligen Geist und von "Gottes Kraft" (vgl. das Motto des Katholikentags in Ulm) beseelt sich entwickelt (evolutiver Charakter der Kirche).  Auf diesem Weg entwickelt sich das Volk Gottes ohne dass damit eine Überhöhung der Kirche als die endzeitliche Verwirklichung des Reiches Gottes einhergeht. Auf diesem Hintergrund öffnet das Verständnis der Kirche als Volk Gottes auch die Forderung nach einer „ecclesia semper reformanda“, also nach einer sich ständig erneuernden Kirche. Institutionelle Starrheit ist der Kirche nicht angemessen, vielmehr muss sie sich immer wieder neu am Vorbild Jesu und dessen Auftrag messen und orientieren. Die „Zeichen der Zeit“ (vgl. dazu den Begriff des "aggiornamento", den Papst Johannes XXIII im Zusammenhang mit dem II. Vatikanischen Konzil prägte) berücksichtigend kann dies auch bedeuten, dass traditionelle Strukturen in Frage gestellt oder gar überwunden werden. Eine Herausforderung der heutigen Zeit stellt dabei gewiss die Demokratisierung und die Pluralisierung der Gesellschaft dar. Es wird für die Kirche als dem Volk Gottes wesentlich sein, dass sie auf diese Entwicklungen angemessen reagiert ohne vorschnell dem Zeitgeist zu erliegen. Wie sehr die Kirche dies erkannt hat und wie notwendig das „Aggiornamento“, das Heutigwerden der Kirche, wie es Johannes XXIII formuliert hat, ist, zeigt auch das Schuldbekenntnis des derzeitigen Papstes Johannes Paul II vom 12. März 2000, wo er anlässlich des Heiligen Jahres durchaus einräumte, dass die Kirche in verschiedenster Hinsicht selbst schuldig geworden ist.

Reformatorisches Kirchenverständnis (die folgenden Ausführungen sind zum großen Teil der Internetseite http://members.aol.com/tkurzmann/lkirver.htm entnommen)
Das reformatorische Kirchenverständnis geht im Wesentlichen auf die Überlegungen Martin Luthers (1483 bis 1546), des großen Reformators zurück. Die Überlegungen Luthers werden häufig auf das Schlüsselerlebnis seines Lebens im Gartenturm des Wittenberger Klosters zurückgeführt. Bei diesem sogenannten „Turmerlebnis“ hat er erkannt, dass Gerechtigkeit Gottes bedeute, dass die Gläubigen aus Gnade und Barmherzigkeit Gottes durch den Glauben gerechtfertigt werde. Aus dieser Überzeugung, dass nämlich der Mensch nicht durch Werke oder eigenes Zutun die Gnade Gottes, die Rechtfertigung erfahre, sondern allein aus Gnade (sola gratia), änderte sich die ganze Theologie des Mannes, der bisher vergeblich versucht hatte, durch peinliche Beachtung der Kirchengebote und Sakramente die Gnade Gottes zu erwerben. Die sogenannten „sola-Prinzipien“ der evangelischen Kirche sind auf diese Erkenntnis zurückzuführen. Für die evangelische Kirche gilt: sola gratia, sola fide, sola scriptura und solus Christus (allein die Gnade, allein der Glaube, allein die Schrift, allein Christus). Schon aus dieser Zusammenstellung lassen sich Abgrenzungen zum katholischen Kirchenverständnis [4] finden. Die Kirche, soviel sei vorweggenommen, hat nach Luthers Überzeugung keine „Heilwirksamkeit“. Somit spricht sich Luther auch gegen die Sakramentalität der Kirche aus (vgl. dazu das katholische Kirchenverständnis, das die Kirche als "Grundsakrament" versteht). Die Lehre der Kirche ist zudem allein aus der Schrift und nicht – wie in der katholischen Kirche – aus Schrift (Bibel) und Tradition (Konzilsbeschlüsse, Dogmen) zu erschließen.
Die Ablasspraxis der katholischen Kirche zur Zeit Luthers, nach der mit dem Erwerb von Ablassbriefen die Bestrafung im Jenseits für begangene Sünden gemindert werden könne, verwarf Luther total. Buße bedeutet für ihn die Umkehr des Herzens. Vergebung ist die herrliche Tat Gottes, Gnade Gottes und kann niemals (käuflich) erworben werden. In diesem Zusammenhang sprach er eben auch der Kirche die Möglichkeit ab, für Verfehlungen der Menschen die Absolution und damit den Straferlass zu erteilen.
Somit fällt für ihn die Heilwirksamkeit der Kirche aus. Eine Institution, die die Vermittlung des Heils für sich in Anspruch nimmt, ist seinem Verständnis nach nicht möglich. Das Heil aller Menschen ist allein in Christus beschlossen. Kirche ist für ihn vielmehr die Gemeinschaft der Gläubigen, also derer, die in Christus mit Gott versöhnt sind. Die Gemeinschaft der Gläubigen, also die Kirche sind die, die „im rechten Glauben, in der Hoffnung und Liebe leben“.  Konsequenterweise sind damit auch die Standesprivilegien der Kleriker (also der Priester und Bischöfe) hinfällig. Sie sind allen anderen gleichgestellt, haben allerdings die Beauftragung, die Gemeinde zu leiten (vgl. das Bild vom primus inter pares, vom Ersten unter Gleichen). Alle Getauften haben dieselbe geistliche Gewalt (Vorstellung des "allgemeinen Priestertums, wie es im 1. Petrusbrief (1 Petr 2, 9-11), wo übrigens auch die Vorstellung von der Gemeinschaft der Gläubigen als "Volk Gottes" entwickelt ist), die sie einem aus ihrer Mitte übertragen, der dann an ihrer Stelle das Amt ausübt.
Aus den obigen Überlegungen kann geschlossen werden, dass das reformatorische Kirchenverständnis durchaus mit den Bilder der Kirche als "Volk Gottes" und "Leib Christi" weitgehend übereinstimmen kann.  
Dennoch befürwortete Luther ein "äußerliches" Kirchenwesen, das heißt, dass Kirche auch sichtbar wird als Institution. Christen mussten sich als „geistige Gemeinschaften“ an Orten und Stätten und in geregelten Riten zusammenfinden können, um das Wort Gottes zu hören. So kann Kirche helfen, den Zugang zum Heil und zu Gott zu eröffnen, ohne selbst - wie oben dargelegt - "heilswirksam" zu sein. Kirche hat also nicht Heil zu spenden, sondern zu empfangen und nur als "Gottes Werkzeug" hat sie Handlungen auszuführen, in denen Gott den Menschen das Heil vor Augen stellt vermittels der Predigt des Evangeliums, der Spendung der Sakramente und der Freisprechung von den Sünden. Eine Verbindung der Menschen mit Gott soll also nur durch das Wort Gottes (sola scriptura) bestehen, nicht durch Regeln oder von Menschen gemachte Kirchengesetze. Die Kirche ist nach Luther ein Geschöpf des Wortes Gottes.
Auch in Bezug auf die Sakramente grenzt sich Luther ab. Selbstredend kann die Kirche seiner Überzeugung nach niemals sakramentalen Charakter haben. Auch die Siebenzahl der Sakramente lehnt er ab. Für ihn gelten nur Taufe und Eucharistie (evtl. auch die Buße) als Sakramente, weil diese direkt von Jesus eingesetzt worden seien. Alle anderen Sakramente lehnte er ab.
Den Anspruch der Unfehlbarkeit der Kirche lehnt er völlig ab. Weder der Papst noch ein Konzil könne irrtumsfrei sein. Gott allein besitzt die Wahrheit, die den Menschen allein durch Jesus Christus zugänglich sei und allein im Glauben zu erkennen sei.
Dem Papst gestand Luther höchstens zu, dass er der „Allergelehrteste in der Schrift“ sein sollte. Mit weltlicher Gewalt, wie es zur Zeit Luthers für den Papst galt, sollte er nichts zu tun haben. Somit ist letztlich die „Gemeinschaft der Christen“ nicht auf ein leibliches Oberhaupt angewiesen. Der Papst ist für ihn nicht notwendig. 
In Bezug auf die weltliche Obrigkeit (der Titel einer seiner Schriften lautet „Von weltlicher Obrigkeit“) entwickelt Luther die sogenannte „Zwei-Reiche-Lehre“. Luther anerkennt die Notwendigkeit einer weltlichen Obrigkeit, die allerdings nur „um der Bösen willen da ist“. Dieses weltliche Regiment, wie es Luther auch bezeichnet, ist für den Frieden da und soll dem bösen Werken durch Gesetze und Strafen entgegen wirken. Das geistliche Regiment ist dagegen für den Bereich Gottes zuständig. Luther wendet sich strikt gegen eine Einmischung des weltlichen Regiments in die Belange, die Gott vorbehalten sind. So habe die weltliche Obrigkeit auch keinen Einfluss auf den Glauben zu nehmen. Der Christ ist dabei Bürger zweier Welten. Er gehört als Glaubender zum Reich Gottes und ist zugleich Bürger dieser Welt mit all ihren Verpflichtungen, die auch Gehorsam gegen die Obrigkeit (vgl. Röm 13) einschließt. Gott allein gebietet über beide Reiche. Das weltliche Reich wird in diesem Zusammenhang einmal als „Gottes Reich mit der linken Hand“ bezeichnet, womit Luther meint, dass neben dem Reich des Evangeliums, der Versöhnung und der Erlösung Gott mit der „linken Hand“ die Herrschaft in der Schöpfung, der Geschichte und zur Erhaltung des Friedens ausübe.
Beide Regimenter können nach Luther allerdings nicht in einer Hand oder einer Person liegen. So kritisiert der Reformator mit seiner Lehre zugleich das Wirken des Papstes, der sehr wohl in das Regiment der Welt eingegriffen hat.
Die Frage nach dem rechten Verhältnis zwischen Staat und Kirche stellt sich übrigens bis auf den heutigen Tag. In Deutschland hat sich das Modell einer Trennung von Kirche und Staat bei gleichzeitiger Einräumung einiger Privilegien für die Kirche entwickelt und wohl auch bewährt.

Die eine Kirche Jesu Christi und die vielen Kirchen
Im Laufe der Geschichte hat sich aus der ursprünglich einheitlichen Bewegung derer, die an Jesus Christus glauben, eine Vielzahl von unterschiedlichen Ausprägungen ergeben. Die Kirchentrennungen (Schismen) sind gewiss nicht im Sinne Jesu, sondern Ergebnis geschichtlicher Fehlentwicklungen der Kirche. Die Verpflichtung zur Einheit der Glaubenden bleibt bestehen. Die Aufspaltung in verschiedene Kirchen bleibt ein Ärgernis, das es schon um der Glaubwürdigkeit der Kirche und des Christentums zu überwinden gilt.
Einige Ausprägungen der einen Kirche sind an anderer Stelle dargestellt. Wesentliche Hindernisse für eine Einheit der Kirchen sind u. a. das Amtsverständnis. So wird von katholischer Seite die Ordination der evangelischen Geistlichen nicht anerkannt. Die evangelische Kirche kann eine Ordination nach katholischem Verständnis (Priesterweihe) nicht akzeptieren.
Dennoch gibt es gerade in Deutschland, wo die Reformation sich viel stärker als in anderen Ländern auswirkte und noch weiter andauernd, vielfältige Elemente, die zu einer ökumenischen Annäherung führen.

Kirche als Ortskirche und als Weltkirche
Der Begriff Kirche bedeutet Orts- und universale Weltkirche. Das Oberhaupt der Weltkirche ist der Papst, der zugleich auch der Bischof von Rom ist. Als Ortskirchen werden gewöhnlich Kirchen unter der Leitung eines Bischofs, also Diözesen, verstanden. Für den einzelnen Christen ist Ortskirche aber immer auch seine jeweilige Kirchengemeinde, wo er beheimatet ist. Immer wieder ist in der Geschichte der Kirche die Situation aufgetreten, dass die zentralistisch verwaltete Kirche ortskirchliche Bewegungen und Besonderheiten unterdrückte. So wurde auch Missionierung lange Zeit quasi ohne Rücksicht auf Tradition und Kultur der jeweils zu missionierenden Länder betrieben. Zudem haben sich in der Geschichte immer wieder Ortskirchen (bezogen auf Länder oder auf einzelne Diözesen) von der Bevormundung durch Rom losgesagt oder lösen wollen. Schon der Apostel Paulus hat auf örtliche Besonderheiten bei seinen Gemeindegründungen Rücksicht genommen. Er war allerdings immer auch darauf bedacht, dass sich ortskirchliche Strukturen mit Rücksicht auf die Gemeinschaft der Kirche entwickelten. Auch diese Form der Gemeinschaft wird übrigens mit dem Begriff der "communio" bezeichnet. 
Nach dem großen abendländischen Schisma (10544) bildete sich im Westen eine sehr auf Rom fixierte Kirche heraus. Ortskirchliche Besonderheiten wurden eingeschränkt. So wurde etwa im 19. Jahrhundert die Papsttreue und die enge Anbindung an die römische Vormachtstellung als "Ultramontanismus" bezeichnet (ultramontan bedeutet dabei, dass sich die deutsche Kirche ultramontan, also über die Berge, die Alpen, hinweg, auf Rom hin ausrichtete). Das Unfehlbarkeitsdogma und das Dogma vom Jurisdiktionsprimat des Papstes sollten diese auf Rom ausgerichtete Bedeutung der Kirche verstärken. So war etwa bis zum II. Vatikanischen Konzil Latein die Sprache der Kirche und des Gottesdienstes, um mit der einheitlichen Sprache auch die weltweite Verbundenheit und den weltkirchlichen Charakter der Kirche zum Ausdruck zu bringen. Das II. Vaticanum (1962-1965) hat dann allerdings die Bedeutung der Ortskirchen wieder neu betont, wenn es etwa formuliert: "Die eine und einzige katholische Kirche existiert nur in und aus den Ortskirchen" (LG 23). Dementsprechend wurde mit dem Konzil den Ortskirchen wieder mehr an legitimer Vielfalt innerhalb der Einheit der Kirche zugesprochen, so etwa auch, dass der Gottesdienst in der Landessprache gefeiert wird. Um die Einheit der Kirche aber auch organisatorisch zu gewährleisten, müssen die Bischöfe der verschiedenen Diözesen alle fünf Jahre zu einem "ad-limina-Besuch" nach Rom reisen, um dort dem Papst über aktuelle ortskirchliche Entwicklungen zu berichten und eventuell notwendige Abstimmungen zu treffen. Dass es dabei durchaus auch zu unterschiedlichen Auffassungen kommen kann, hat zuletzt die Frage der Schwangerschaftskonfliktberatung gezeigt. Erst das Verbot des Papstes, dass katholische Beratungsstellen einen Schein ausstellen durften, der als Voraussetzung für eine Abtreibung in den ersten 12 Schwangerschaftswochen berechtigt, hat den "deutschen Sonderweg" beendet. Mittlerweile stellen katholische Beratungsstellen (etwa die der Caritas) keine "Scheine" mehr aus. Eine weitere ortskirchliche Besonderheit für die Südwestdiözesen Deutschlands (Freiburg, Rottenburg-Stuttgart und Speyer) war und ist die Zulassung von sogenannten "wiederverheirateten Geschiedenen" zum Empfang der Eucharistie unter bestimmten Bedingungen (z. B. seelsorgerliches Gespräch mit dem Ortspfarrer). Diese Regelung wird von Rom aus sehr kritisch betrachtet.  

Neuere kirchliche Bewegungen
Entsprechend der gesellschaftlichen Entwicklung, dass immer mehr Menschen sich nicht mehr in ihrer jeweiligen Kirchengemeinde beheimatet fühlen und eine je eigene Spiritualität und Gläubigkeit leben wollen, die sie aber dennoch mit anderen Menschen teilen wollen, entwickeln sich immer mehr kirchliche Bewegungen und Initiativen. Diese sind zum Teil eng an die verfasste Kirche angebunden, zum Teil leben sie auch weitgehend unabhängig von den Kirchengemeinden. 
Charismatische Bewegungen
So gibt es mittlerweile eine Vielzahl von Vereinigungen, die sich der Charismatischen Erneuerung zugehörig fühlen.
Seit dem Ende der 60er Jahre gibt es in der Katholischen Kirche - wie auch in anderen christlichen Kirchen - einen neuen geistlichen Aufbruch. Menschen erfahren diesen als ein Geschenk des Heiligen Geistes, als ein neues persönliches Pfingsten. Auf der ganzen Welt, in Nord- und Südamerika, in Afrika und Ozeanien, in Asien und Europa bezeugen Millionen von Christen, dass sie eine neue lebendige Gottesbeziehung gefunden haben. Dieser Aufbruch wird Charismatische Erneuerung genannt. Viele Christen, die für ihr Leben und für die Kirche eine grundlegende Erneuerung aus dem Geist Gottes ersehnen, haben in der Charismatischen Erneuerung Heimat und Perspektive gefunden. In Deutschland treffen sich zur Zeit etwa 11.000 katholische Christen aller Altersgruppen in ca. 500 Gebetsgruppen, Hauskreisen und neuen geistlichen Gemeinschaften. Weltweit beträgt die Zahl charismatischer Christen in der Katholischen Kirche über 70 Millionen. Die Charismatische Erneuerung in der Katholischen Kirche ist eine offene Bewegung, ohne formelle Mitgliedschaft. Sie sucht das, was sie von Gott empfangen hat, in das Ganze der Kirche und der Gesellschaft einzubringen, um so zu deren Erneuerung beizutragen. Sie steht im Zusammenhang mit dem pfingstlich-charismatischen Aufbruch, der heute alle Kirchen durchzieht. Mehr als 25% der Christenheit rechnen sich diesem weltweit stark wachsenden Aufbruch zu. Die charismatisch Bewegung wird dabei nicht immer nur als sehr positiv beurteilt. Viele Pfarrer befürchten, dass Menschen, die sich charismatischen Gemeinschaften anschließen, den Kontakt zur jeweils eigenen Kirchengemeinde verlieren. Dennoch wird die Kirche sich darauf einstellen müssen, dass die Menschen für sich Möglichkeiten suchen, wie sie ihr Christsein leben können. Und in diesem Zusammenhang haben charismatische Bewegungen (wie z. B. auch die Gemeinschaft Immanuel in Ravensburg, die ihr Selbstverständnis wie folgt formuliert: Die "Gemeinschaft Immanuel Ravensburg e.V." ist eine katholische Laiengemeinschaft. Sie setzt sich ein für die Evangelisierung, die Förderung der Einheit unter den Christen und die Erneuerung von Kirche und Gesellschaft. Wir versuchen aus dem Geiste des Evangeliums zu leben und wollen unseren Mitgliedern helfen, im alltäglichen Familien- und Berufsleben Glaubenszeugnis für die Frohe Botschaft zu sein. Wir verstehen uns dabei als Zusatzangebot zur örtlichen kirchlichen Gemeinde, nicht als deren Ersatz.
Das Wort "Immanuel" bedeutet "Gott mit uns". Die grundlegende Erfahrung, die wir gemacht haben, wird weltweit mit dem Begriff "Taufe im Heiligen Geist" umschrieben: ein persönliches Offenbarungsgeschehen, das bei vielen zu einer persönlichen Beziehung zu Jesus Christus führte. Darüber hinaus haben zentrale Begriffe und Realitäten unseres Glaubens eine neue Bedeutung bekommen, für uns als einzelne wie für uns als Gemeinschaft.
Gemeinsam wollen wir unser Miteinander im Sinne Jesu gestalten und seinen Einfluss auf dieser Welt vergrößern. Wir sind davon überzeugt, dass Glaube, Liebe und Hoffnung für unsere Kultur und Gesellschaft überlebenswichtig sind.
) durchaus ihre Berechtigung. Dies hat auch der derzeitige Papst erkannt, wie aus nachfolgend abgedrucktem Bericht zu sehen ist.
"Zu Pfingsten 1998 lud Papst Johannes Paul II alle Erneuerungsbewegungen zu einem Pfingsttreffen am Petersplatz in Rom ein. Dabei wies er den Bewegungen ihren Platz in der Kirche zu und sagte: "Der institutionelle Teil und der charismatische Teil der Kirche sind gleich wesentlich für die Kirche. Nur sie beide zusammen machen Kirche aus." An die Bewegungen gewandt sagte der Papst: "Vergesst nicht, dass jedes Charisma zum Wohl der ganzen Kirche gegeben ist." Und an alle Katholiken gerichtet: "Allen Menschen möchte ich zurufen: Öffnet euch den Gaben des Heiligen Geistes. Nehmt die Charismen dankbar an, die der Heilige Geist unaufhörlich schenkt." Und er fuhr, wieder an die Bewegungen gerichtet, fort: "Es hatte Schwierigkeiten gegeben, aber jetzt öffnet sich vor euch eine neue Etappe: die der kirchlichen Reife. Die Kirche erwartet sich von euch reife Früchte der Gemeinschaft und des Einsatzes." Denn der Papst sieht in den Bewegungen die Antwort auf die Säkularisierung. "Die Bewegungen sind die Antwort des Heiligen Geistes auf diese dramatische Herausforderung unserer Zeit." 
(Quelle: http://www.wortdeslebens.de/fragen.htm#ce)

Basisgemeinden
Die Form der "Basisgemeinden" ist in Lateinamerika entstanden. Die Menschen, die zu einer solchen Basisgemeinde gehören, wollen miteinander das Leben im Licht des Evangeliums und der Bibel gestalten. Sie zeichnen sich durch eine enge Verbundenheit aus, die weit über die Gottesdienstgemeinschaft hinaus geht. Der Gottesdienst in den lateinamerikanischen Basisgemeinden wird dabei häufig ohne Priester als Wortgottesdienst gefeiert, wobei die Lesungen aus der Heiligen Schrift ein zentrales Element darstellen. Die Worte der Bibel werden dabei vielfach im Gespräch auf die aktuelle Lebenssituation übertragen. Basisgemeinden sind so nicht nur Gottesdienstgemeinden, sondern auch Lebensgemeinschaften. Verschiedene Initiativen - auch in Deutschland - versuchen diese Form der Verbundenheit der Christen untereinander auch für unseren Kulturkreis fruchtbar zu machen. 
Die "Theologie der Befreiung" mit ihrer eindeutigen "Option für die Armen" ist in den Basisgemeinden gewachsen. Die "Theologie der Befreiung" will deutlich machen, dass die christliche Botschaft die Menschen frei machen will. Dabei ist auch eine gesellschaftspolitische Befreiung gemeint (das heißt zum Beispiel, dass die Campesinos, die lateinamerikanischen Landarbeiter von der Unterdrückung und Ausbeutung durch die Großgrundbesitzer befreit werden sollten). Somit hat dieser theologische Ansatz durchaus gesellschaftspolitische Sprengkraft und wird immer wieder in Frage gestellt. Für viele ist die "Theologie der Befreiung" auch allzu sehr politisch und den kommunistischen Lehren von Karl Marx nahestehend. Im Folgenden ist ein Lexikonartikel zur Theologie der Befreiung (Befreiungstheologie) wiedergegeben:
Die Theologie der Befreiung bezeichnet der Sache nach eine neue Einstellung der mit Theologie Beschäftigten, nämlich aus dem Glauben, das heißt aus der Identifizierung mit dem biblischen Befreiungspotential (vor allem Exodus-Geschehen, also Auszug aus Ägypten, Befreiungsbotschaft Jesu Lk 4, 18 f., Zuwendung zu den »Geringsten« Mt 25, 31–45; Freiheit der Kinder Gottes Gal 4, 4 ff.; 5, 1) sich konkret auf die Seite der Unfreien, Unterdrückten, Benachteiligten und Armen zu stellen, aktiv für ihre Befreiung tätig zu sein und diesen Prozess mit theologischer Reflexion zu begleiten. Dieser Reflexion geht also das konkrete und entschiedene Engagement für die Befreiung voraus. 
Die theologische Reflexion ist gekennzeichnet
a) durch eine Situationsanalyse, die sich unterschiedlicher sozialwissenschaftlicher Methoden bedient,
b) durch die Konfrontation der Glaubenstradition mit der Situation der Unterdrückten. Hier wird nach der Bedeutung der biblischen Botschaft vom rettenden und befreienden Gott und seiner "Option für die Armen", nach dem Befreiungspotential der Reich-Gottes-Botschaft Jesu, nach dem Befreiungsauftrag der Kirche mit ihrer Sozialethik, nach dem Zusammenhang zwischen individueller Bekehrung u. gesellschaftlichen Veränderungen gefragt,
c) durch die Analyse der Möglichkeiten konkreten Handelns in entschiedener Parteilichkeit.
Die Befreiungstheologie entstand in den 60er Jahren des 20. Jahrhunderts in Lateinamerika auf katholischer wie auf evangelischer Seite. Ähnliche, wenn auch nicht in allem identische theologische Initiativen entwickelten sich von den späten 60er Jahren an in USA (gegen die Unterdrückung durch Rassismus) u. Afrika (»Schwarze Theologie«), auf den Philippinen, in Sri Lanka u. Indien (»Theologie der Dritten Welt«). Die offensiv ausgesprochene Erkenntnis der Befreiungstheologie, dass die westlichen Gesellschaften die Religion zur Stützung von Macht u. Interessen u. zur Beschwichtigung der verelendeten Massen missbrauchen, führte zu heftigen Reaktionen sowohl von politischer wie von kirchlicher Seite. Schon Ende der 60er Jahre wurden politische Strategien zum Kampf gegen die Theologie der Befreiung entwickelt (Morde, Pogrome, Verschleppungen usw.).
In kirchlichen Dokumenten werden die "Option für die Armen" und die analytische Erkenntnis der "strukturellen Sünde", also ungerechter Strukturen der Unterdrückung, zwar vom Ende der 60er Jahre bis zur Gegenwart positiv aufgenommen, doch wurden gerade von Seiten der römischen Kirchenleitung administrative Anstrengungen unternommen, um die Befreiungstheologie zu unterdrücken. Wesentliche Punkte der amtlichen Kritik waren die Anwendung "marxistischer" Kategorien bei der Situationsanalyse (Dependenztheorie), der Ersatz der Erlösungstheologie durch die Befreiungstheorie, der Anspruch, durch universale Befreiung das Reich Gottes auf Erden verwirklichen zu wollen, die Option für Gewaltanwendung im Fall extremer Unterdrückung. Diese Kritik war durch gewollte Missverständnisse, Unverständnis für das Pathos der befreienden Sprache, Furcht vor marxistischer Unterwanderung der Kirche gekennzeichnet und bekämpfte nur eine Karikatur der Befreiungstheologie.
Aus: Herbert Vorgrimler, Neues Theologisches Wörterbuch,
Verlag Herder, Freiburg im Breisgau 2000, S. 83f 
(zitiert nach: http://www.ikvu.de/befreiungstheologie/)


[1] Lumen Gentium ist der Titel der Konstitution über die Kirche, wie sie vom II. Vatikanischen Konzil formuliert wurde. Der Titel ist nach den Anfangsworten des Konzilstextes formuliert. Dort heißt es: „Christus ist das Licht der Völker“. Licht der Völker heißt in der lateinischen Sprache „Lumen gentium“. Auch die anderen Konzilstexte wurden nach den ersten Worten benannt. so z. B. die bekannte Konstitution über die Kirche in der Welt von heute mit dem Titel Gaudium et spes, abgekürzt GS, wo es einleitend heißt: Freude und Hoffnung, Trauer und Angst der Menschen von heute, besonders der Armen und Bedrängten aller Art, sind auch Freude und Hoffnung, Trauer und Angst der Jünger Christi. Freude und Hoffnung heißt demnach in der lateinischen Sprache gaudium et spes.  Das II. Vatikanische Konzil (1962 bis 1965) hat auch die Landessprache in der Liturgie, die "tätige Teilnahme" der Gläubigen im Gottesdienst (z. B. durch Lektoren/-innen und Kommunionhelfer/-innen) und die Neubelebung des Amtes des ständigen Diakons eingeführt. 

[2] Unter Charismen sind Gnadengaben zu verstehen. Sie sind als besondere Befähigung, gewirkt durch den Geist Gottes, zu sehen, die zu einer bestimmten Tätigkeit befähigen, um am Aufbau des Reiches Gottes und am Aufbau der Gemeinde oder Kirche beizutragen. Charismen sind also so etwas wie geschenkte Talente, die allerdings zum Wohl der Gemeinschaft eingebracht werden sollten. Amt und Charisma fallen nicht immer zusammen. So weiß die Kirche schon immer, dass auch Menschen, die kein bestimmtes Amt bekleiden, mit ihren Charismen die Kirche durchaus befruchten können. Paulus kennt u. a. etwa das prophetische Reden, die Heilkraft, die Gabe zu lehren, zu helfen oder zu leiten als besondere Charismen.

[3] Die Vorstellung von der Kirche als Volk Gottes ist unter anderem in Lumen Gentium 9 dargelegt.

[4] Zur Zeit Luthers hatte die katholische Kirche eine quasi allumfassende Funktion inne. Sie regelte das Schulwesen, die Krankenversorgung, die Kaiserkrönung und die Eheschließung. Ihre Macht war quasi unbegrenzt. Der Mensch war fest in diese Regeln eingebunden. Weltliche Herrscher wie Kaiser, Könige und Fürsten waren von der Kirche abhängig.

Literaturangaben
Auer, Max, Religion 12/13, Vorbereitung auf das Abitur Katholische Religionslehre, Stuttgart, 3. Auflage 2000
Deutsche Bischofskonferenz (Hg.), Katholischer Erwachsenen-Katechismus. Das Glaubensbekenntnis der Kirche, Kevelaer u. a., 2. Auflage 1985
Miggelbrink, Ralf, Einführung in die Lehre von der Kirche, Darmstadt 2003